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Şehîd

Besê Anuş – Der erste Funke des Sieges

Wenn wir den Namen Besê hören, denken wir an Widerstand, Selbstbewusstsein, Stärke und Kampfgeist. Von Dêrsim bis Gurgum (Maraş) ist der Name Besê zu einer Legende geworden. Zu vielen Legenden sogar, denn diesen Namen trugen Vorreiterinnen, Kämpferinnen, die für Gerechtigkeit und gegen Unterdrückung und Massaker lebten.

Besê Anuş ist die erste Frau die in der PKK zur Märtyrerin geworden ist. Eine der ersten Frauen, die sich dem Widerstand angeschlossen hat, als er sich neu organisierte; eine der ersten Frauen, die sich und alle anderen jungen Frauen in ihrem Umfeld aufklärte und bildete. Doch wer ist eigentlich Besê Anuş? Was machte sie aus? Was können wir heute noch von ihr lernen und wie können wir ihrem Widerstandsgeist gerecht werden?

Ein neuer revolutionärer Geist erwachte!

Besê Anuş ist im Jahr 1961 im Dorf Esmapur des Bezirks Markaz (Pazarcik) der Stadt Gurgum (Maraş) zur Welt gekommen. Sie war die Tochter einer kurdisch-alevitischen Familie. Ihre Familie zog jedoch als Heval Besê noch im Kindesalter war in die Stadt Merkaz (Pazarcik) um. Sie wuchs dort auf und besuchte auch dort die Schule. Heval Besê verließ jedoch bereits im jungen Alter die Schule, da sie heiratete. Doch das hielt Heval Besê nicht davon ab, sich für ihr Volk einzusetzen und sich zu politisieren. An ihrer ehemaligen Schule fanden tagtäglich Gefechte zwischen faschistischen und sozialistischen Gruppen statt. Heval Besê war keine Person, die unter solchen Umständen einfach nur zusehen konnte. Bei jeder Gelegenheit fand auch sie sich in den Auseinandersetzungen wieder. In der Türkei und Kurdistan kam es zu großen Aufständen nach der 68er Studentenbewegung. In der gesamten Welt gab es Aufruhr und ein neuer revolutionärer Geist erwachte in der Jugend. Heval Besê war eine der jungen Frauen, die sich darin wiederfanden, die kämpften und zu wahren Kämpferinnen ihres Volkes wurden. So kam es sogar dazu, dass sie ihre Freunde nach den Gefechten an den Schulen vor der Polizei beschützte und ihnen zur Flucht verhalf.

Wut und Trauer wurden zu Kampfgeist

Noch in den Anfangsphasen der Organisierung erfuhr auch Heval Besê von den „APOCU“. Diese Gruppe von der jeder plötzlich sprach, erweckte auch bei ihr ein großes Interesse. So wollte sie zum Beispiel unbedingt Heval Kemal Pir treffen, der sich auch zu dieser Zeit in der Region Tolhildan befand, um die kurdische Bevölkerung dort aufzuklären, zu bilden und zu organisieren.

Heval Besê konnte sich schnell mit den Zielen und Idealen der Gruppe identifizieren und nahm immer mehr eine aktive Rolle in der Bewegung ein. Irgendwann reichte auch das nicht mehr aus und trotz aller Gegenstimmen der Familie beschloss sie sich der Bewegung anzuschließen.

Doch dabei beließ sie es nicht. Heval Besê wurde zur Augenzeugin des Massakers in Gurgum (Mereş) im Jahr 1979, als hunderte von Nationalisten und islamischen Fundamentalisten die Bevölkerung massakrierten. Heval Besê spürte den Schmerz ihrer Bevölkerung zu dieser Zeit zutiefst. Sie verwandelte ihre Wut jedoch nicht in Trauer, Schmerz und Hilfslosigkeit. Nein! Sie verwandelte sie in Kampfgeist. Sie verwandelte sie in Energie, um ihren Feind noch besser kennenzulernen. Sie war bereit jeden Schritt zu gehen, um Rache zu erlangen für all die Opfer, die ihre Bevölkerung in diesem Jahr erbringen musste; für all die Mütter und ungeborenen Kinder die bei diesem Massaker auf unmenschliche Art umgebracht wurden. Sie wollte Rache für all die Häuser, die in Brand gesteckt wurden. Für all das Leid, das sie selbst miterleben musste. Sie erkannte schnell, dass dieses faschistische System ihre Identität als kurdisch-alevitische Frau auslöschen möchte, koste es was es wolle. Doch Heval Besê ließ das nicht zu. Sie wurde zum Symbol des Widerstandes, zur Stimme aller jungen Frauen, die das Massaker nicht überleben konnten. So kam es, dass Heval Besê in allen Dörfern in der Region Markaz (Pazarcik) begann, vor allem junge Frauen, zu organisieren. Sie ging von Dorf zu Dorf, um junge Frauen zu bilden, ideologisch und militärisch, sie zu organisieren und zu stärken. Wo sie auch hin ging, gewann sie das Herz der Bevölkerung. Wo sie auch war, war sie bekannt als Hüterin von Prinzipien. Wo sie auch etwas Falsches sah, kritisierte sie die Bevölkerung und ihre GenossInnen dafür. Ihre Haltung, Akzeptanz- und Ablehnungsmaßstäbe und ihr Widerstandsgeist beeinflussten sehr viele junge Frauen.

Als im Jahr 1980 der Putsch in der Türkei durchgeführt wurde, war wieder vor allem die Region Gurgum (Mereş) von diesem Angriff betroffen. Alle linken Kräfte und AktivistInnen wurden zu dieser Zeit extremen Angriffen des faschistischen Staates ausgesetzt. So geriet auch Heval Besê in die Hände des Feindes. Doch trotz all der Folter, die sie erlitt, trotz all der Wunden an allen Stellen ihres Körpers verriet sie nichts! Der Feind konnte weder ein Wort aus ihrem Mund gewinnen, noch konnte er sie zum Aufschreien bringen. Dies gab einer der Folterer persönlich zu. Sie bewies eine unglaubliche Haltung, die selbst den Feind einschüchterte.

Besê und Kurdistan wurden eins

In den Anfängen der 80er Jahre beschließt Heval Besê schlussendlich sich dem bewaffneten Widerstand anzuschließen. Zu dieser Zeit befinden sich nur kleine Guerillaeinheiten auf den Bergen der ländlichen Gebiete. Trotz allen Hindernissen und Schwierigkeiten schafft es Heval Besê durchzuhalten und ihren Widerstand zu leisten. Heval Besê wird einer der ersten Frauen Guerillas, zu einer Zeit, in der es noch keinerlei ausgebildeten und strukturierten Guerillaeinheiten gibt. Sie beweist einen unendlichen Willen. Trotz tagelangem Laugen und blutigen Wunden an ihren Füßen gab Heval Besê nie auf!

Am 17. März 1981 gerät Heval Besê in ein Gefecht mit dem türkischen Militär. Sie wurde umzingelt. Trotz ihrer Wunde am Fuß rannte Heval Besê so weit sie konnte. Sie rannte bis zum Fluss Aksu. Dort befand sie sich von allen Seiten aus unter Beschuss. Als sie erkannte, dass ihre Überlebenschance immer geringer wurde, verwendete sie trotzdem noch all ihre Kraft gegen den Feind. Sie nutzte ihre letzten Minuten, um den Feind anzugreifen. Doch als das Blut von Heval Besê sich mit dem Wasser des Aksu Flusses vermischte, stoppte das Gefecht. Die Zeit stand kurz still, denn die erste Frauenguerilla unserer Bewegung war als Märtyrerin gefallen. Ihr Blut vereinte sich mit dem Wasser, der Erde den Blumen ihrer Heimat. Besê und Kurdistan wurden eins.

Auf Befehl des Kommandanten wurde Heval Besê in einer Decke eingewickelt im Dorf Musolar abgelassen. Doch auch nachdem Heval Besê gefallen war, zeigte sich wie verbunden die Gesellschaft mit ihr war. Um sie zu verabschieden waren Hunderte gekommen. Sie beeindruckte auch mit ihrem Märtyrertod alle Menschen, die von ihrem Widerstand gehört hatten. So bestätigten sich Heval Besês eigenen Worte als sie sagte: „Wenn ich den Märtyrertod erlebe, glaube ich, dass es Hunderte von Frauen geben wird, die meine Waffe erheben, und Tausende von Frauen werden in den Bergen Kurdistans kämpfen.“

Heute sind wir Tausende. Von den Straßen Europas bis in die freien Berge Kurdistans. Mit dem Funken des Feuers das Heval Besê entfachte, sind wir heute eine ganze Arme. Wir sind Kämpferinnen einer ganzen Frauenbewegung, die heute eine Quelle der Inspiration für Millionen von Frauen geworden ist. Vor allem für uns als junge Frauen. Denn wir bekommen Mut, Kraft, Inspiration, Kampfgeist und einen freien Willen durch den Widerstand von Freundinnen wie Heval Besê. Auch sie hat als junge Frau ihren Weg als Revolutionärin begonnen und bewegt bis heute die Herzen tausender weiterer jungen Frauen. Unser Versprechen widmen wir an alle unsere Märtyrerinnen, ihre Träume von weiteren tausenden von freien Frauen zu verwirklichen und den Weg, den sie uns geöffnet haben, voller Stolz und Respekt weiterzuführen.

Avesta Jiyan

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